Marmeladengläser nach dem Abfüllen auf den Kopf stellen?
Muss man die Gläser nach dem Heißeinfüllen auf den Kopf stellen? An dieser Frage scheiden sich die Geister, und sie sorgt in der Einkochgemeinde sogar für hitzige Diskussionen.
Ich möchte daher auf dieses Thema eingehen und Euch erklären, warum ich das kurze Umdrehen von Gläsern und Flaschen durchaus für sinnvoll halte. Und ich erzähle Euch, woher die Meinung kommt, dass das Umdrehen eine veraltete und überflüssige Methode sei.
Außerdem beantworte ich Euch weitere Fragen, die mir rund ums Marmeladekochen häufig gestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
Muss man Gläser nach dem Abfüllen auf den Kopf stellen?
Füllt man Marmelade und Sirup nach dem Einkochen heiß in Gläser oder Flaschen ab, ohne sie hinterher nachzupasteurisieren, ist es wichtig, dass sowohl das Einkochgut als auch der Kopfraum vor dem Verschließen heiß genug sind. Bei weniger routinierten Abfüllern kann das zum Problem werden, weil sie nicht darin geübt sind, schnell genug zu arbeiten. Denn beim Heißabfüllen müssen das Einkochgut und der gesamte Innenraum im Glas einmal über 80 °C erhitzt werden, und diese Hitze muss aufrecht erhalten bleiben, bis das Glas verschlossen wird. Sinkt die Temperatur im Glas, können Mikroorganismen, die sich in der Luft befinden und während des Abfüllens mit dem Einkochgut in Berührung kommen, zum Verderb führen.
Bei geübten Einkochern, die täglich heiß abfüllen, geht das schnell genug, aber bei allen anderen dauert das meist länger. Damit niemand auf die Nase fällt, empfehle ich Euch daher das Umdrehen der verschlossenen Gläser. Stellt man sie für 2 bis 3 Minuten auf den Kopf, wird auch der obere Bereich genügend erhitzt und es kann sich kein Schimmel bilden. Dabei sollte man die umgedrehten Gläser und Flaschen nie auf eine kalte Oberfläche stellen, sondern z. B. auf ein Handtuch legen. 5 Minuten sollten nicht überschritten werden, da die Marmelade sonst im Kopfraum geliert.
In meinem Video erkläre ich Euch auch, wann und warum das Auf-den Kopf-Stellen der Gläser nicht notwendig ist. Kocht man mit 2:1 Gelierzucker ein, ist das Umdrehen nach der Heißabfüllung überflüssig. Denn der Gelierzucker enthält genügend Konservierungsstoffe, sodass alle Mikroorganismen sofort Reißaus nehmen, wenn sie nicht schon tot sind. Da dieser Gelierzucker seit den 1970ern bis heute viel verwendet wird, entstand die Auffassung, dass das Auf-den-Kopf-Stellen generell unnötig und veraltet sei. Heute wollen jedoch viele ohne Konservierungsstoffe und mit weniger oder keinem Zucker einkochen. Für diejenigen ist das Umdrehen der Gläser absolut empfehlenswert.
Gläser auf den Kopf stellen - Skandal?
In diesem Video gehe ich auf die zahlreichen bösen Kommentare ein, die mich zum Thema 'Gläser auf den Kopf stellen' erreicht haben. Ich beziehe hier noch einmal klar Position dazu und erkläre Euch, warum ich es besonders für Anfänger sinnvoll finde. Denn 90 % der Fehlschläge, die durch fehlerhafte Hitzeverteilung im Glas verursacht werden und zu Schimmelbildung führen, können durch diese sichere Methode verhindert werden. Außerdem gehe ich auf die Argumente der Verfechter des 'Nicht-auf-den-Kopf-Stellens' ein, insbesondere auf folgende Punkte:
- Warum stellte man zu früheren Zeiten Gläser nicht auf den Kopf?
- Was hat es mit dem 'Scheinvakuum' auf sich?
- Können sich durch das Umdrehen Schadstoffe aus den Deckeldichtungen lösen?
- Warum werden die Gläser in der Lebensmittelindustrie nicht auf den Kopf gestellt?
Zu 1: Früher wurde vor allem mit dem WECK-System eingekocht, bei dem in jedem Fall nachpasteurisiert wurde. Oder es gab Einkochgläser, die mit Cellophan abgedichtet wurden und denen man Einmachtropfen mit Konservierungsstoffen zugefügte. Die konnte und brauchte man nicht auf den Kopf stellen.
Zu 2.: Ein 'Scheinvakuum' - das Wort gibt es eigentlich nicht - entsteht, wenn Twist-Off-Deckel nicht mehr intakt sind und die Dichtung nicht direkt auf dem Glasrand liegt. Beim Umdrehen füllt Marmelade das Loch zwischen Deckel und Deckelrand. Dreht man das Glas erneut um, kühlt es ab, die Marmelade im Loch trocknet aus, lässt Luft ins Glas hinein, und es bildet sich Schimmel. Das kann bei neuen Deckeln nicht passieren.
Zu 3.: Flüssiges Fett wie bei Pesto kann aus Deckeldichtungen, die nicht dafür geeignet sind, Weichmacher herauslösen. Marmelade enthält kein flüssiges Fett, es kann sich also nichts herauslösen. Außerdem gibt es PVC-freie Deckel, sogenannte BLUESEAL Deckel, die besonders für Ölhaltiges geeignet sind.
Zu 4.: In der Lebensmittelindustrie werden Maschinen verwendet, die alles genau überwachen, auch die Temperatur. Da brauchen die Gläser natürlich nicht auf den Kopf gestellt zu werden.
Zu Gast bei Sascha Singh auf seinem YouTube-Kanal 'SelfBio'
Kürzlich war ich bei Sascha Singh zu Gast und wir unterhielten uns auf seinem YouTube-Kanal 'SelfBio' darüber, warum mein Video zum Thema 'Gläser auf den Kopf stellen' derartig starke Reaktionen auslöste. Zuschauer hatten mir in ihren Kommentaren geschrieben, dass sie aus ihrer Facebook-Gruppe rausgeflogen sind, weil sie sich zum Umdrehen der Gläser bekannten. Und in einer langen Mail wurde ich regelrecht beschimpft, wie ich es mir erlauben könne, so etwas zu empfehlen. Ich hatte das Video veröffentlicht, damit sich Leute beim Einkochen sicher fühlen können und nicht auf die Nase fallen. Die Reaktion hatte mich sehr überrascht.
'Für einige Leute scheint man ihre kleine Welt zu zerstören, wenn man das Glas umdreht. Das ist traurig', meinte Sascha amüsiert und bat mich, noch einmal kurz zusammenzufassen, warum ich es für sinnvoll halte. Es geht beim Heißeinfüllen ja um die richtige Hitzeverteilung: Glas kühlt den Inhalt beim Einfüllen schnell ab, besonders im oberen Teil, und der Deckel tut es auch. Damit der Kopfraum wirklich heiß wird, drehe ich das Glas lieber um. Damit wird das Problem gelöst, dass sich die Marmelade beim Einfüllen abkühlt und sich Schimmel am oberen Rand bildet. Routinierte Einkocher, die schnell arbeiten, können sich das Umdrehen sparen. Ob man es macht oder nicht, kann schließlich jeder selbst entscheiden.
Die heftige und oftmals böse Resonanz auf mein erstes Video führte dann zum zweiten, in dem ich die Gegenargumente gründlich auseinandergenommen habe. Sascha wollte wissen, was es mit der Behauptung auf sich habe, dass sich Schadstoffe aus Deckeldichtungen herauslösen können. Eine leider weit verbreitete und falsche Behauptung, die beim Heißeinfüllen von Marmelade gar keine Rolle spielt. Es hat Spaß gemacht, mit Sascha dieses Video zu machen, und wir haben dabei viel gelacht. Interessiert? Dann schaut es Euch hier gern an.
Fragen und Antworten
Zuschauer: Muss man Gläser umdrehen oder ist das nur ein Irrglaube, der völlig veraltet ist?
Steffi: Ich weiß, dass das gern als Dogma so hingestellt wird. Ich bekomme solche Kommentare oder Fragen öfter und möchte deshalb ausführlich darauf antworten. Wenn man schnell und heiß genug abfüllt, ist das Umdrehen überflüssig.
Nur gelingt das vielen nicht. Bei den letzten Gläsern geht die Temperatur im Glas dann häufig unter 80 °C und das darf sie nicht. Dreht man die Gläser nach dem Abfüllen um, wird der Kopfraum durch das heiße Füllgut so weit erhitzt, dass Mikroorganismen keine Chance haben, sich dort anzusiedeln. Zwei bis drei Minuten reichen völlig aus. Länger als 5 Minuten sollten die Gläser nicht auf dem Kopf stehen, damit die Marmelade im Deckel nicht geliert.
Kocht man hingegen generell mit dem üblichen 2:1 oder 3:1 Gelierzucker, ist das Umdrehen völlig überflüssig. Im Gelierzucker sind genügend Konservierungsstoffe enthalten, die Schimmelbildung verhindern. Aber wie gesagt: Wer routiniert und schnell arbeitet, braucht die Gläser nicht auf den Kopf zu stellen. Mir geht es hier eher um die, die nicht so häufig einkochen und auf Zucker und Konservierungsstoffe verzichten möchten. Damit sie keine Misserfolge, sondern Freude am Einkochen haben, ist das Umdrehen eine sichere Methode.
Sollten Mason Jar-Gläser umgedreht werden oder reicht das erneute Einkochen der abgefüllten Gläser?
Wenn man die 'echten', gut produzierten Gläser von Walmart, K-Mart o. ä. hat, also keine China-Versionen, kann man sie, wie die deutschen Twist-Off-Gläser, einfach heiß befüllen, gut verschließen und auf den Kopf stellen. Die Verschlüsse sind zwar zweigeteilt, aber im Prinzip für die Heißabfüllung nicht anders als bei den TO-Gläsern. Wenn man mit den Gläsern 'richtig einkocht', macht man, wenn ich mich recht entsinne, den Deckel beim Einkochvorgang nicht ganz so fest rauf und zieht erst am Ende nach.
Ist es schlimm, wenn ich vergessen habe, die umgedrehten Gläser wieder richtig herumzustellen, und die Marmelade jetzt im Glas schwebt?
Nein, das ist überhaupt nicht schlimm, solange der Unterdruck intakt ist. Die Marmelade hängt nur halt im Deckel.
Wie sterilisierst Du die Gläser und schließt sie richtig ab?
Du brauchst die Gläser für Marmelade nicht zu sterilisieren. Sie müssen nur wirklich sauber sein, den Rest tut die Hitze der Marmelade. Sie sollten allerdings etwas vorgewärmt sein, damit sie nicht platzen. Obwohl die meisten Gläser auch kalt nicht platzen, ist es eher eine gute Vorsichtsmaßnahme.
Da das ein generelles Thema ist, habe ich hierzu ein Video gemacht: Muss man Einmachgläser sterilisieren?
Ist es schlimm, wenn man beim Einkochen über 100 °C erreicht?
Mit Wasser und ohne Druck kommt man nie über 100 °C. Aber mit kochend/siedend liegt man gut. Weit drunter sollte es jedoch nicht sein.
Wann gibt man den Alkohol in die Marmelade, wenn man diesen beimischen möchte?
Dieser kommt erst zum Ende des Kochvorgangs in die Masse, also kurz vorm Einfüllen, weil Alkohol bei hohen Temperaturen verfliegt. Wenn man ihn vorher reingießen würde, wäre nichts mehr davon in der Marmelade.
Muss man Glas und Deckel vor dem Abfüllen mit kochendem Wasser auswaschen?
Heiß reicht vollkommen aus. Vor allem müssen Gläser und Deckel sauber und warm sein, weil die Dichtung dann besser funktioniert. Den Rest macht die Marmelade.
Soll das Glas randvoll mit dem Kochgut gefüllt sein?
Generell kann man Marmelade recht hoch einfüllen, da sie sich beim Erkalten gut zusammenzieht. Nur bei kleinen Gläsern muss man aufpassen, denn da kann sich nicht so viel zusammenziehen. Dann bleibt manchmal nicht genügend Luftraum, um genügend Unterdruck aufzubauen und um den Deckel hineinzuziehen.
Kann ich jede Marmelade auch ohne Zucker machen? Oder den Zucker reduzieren?
Ja, das geht. Dazu habe ich verschiedene Videos gemacht, welche Alternativen aufgezeigen, wie Ihr Eure Marmelade auch ohne Zucker kochen könnt.
Muss ich vor dem Abfüllen der Gläser auf etwas Besonderes achten?
Ein paar Sachen sind wichtig, bevor man mit dem Abfüllen beginnen möchte:
Zuerst sollte der Rost aus dem Ofen genommen werden, bevor dieser vorgeheizt wird. Denn man stellt niemals die Gläser auf einen heißen Rost. Gläser vertragen nur einen Temperatursprung von 30-40 °C, und wenn sie frisch eingefüllt auf das heiße Blech gestellt werden, könnte das Glas springen.
Dann sollten die sauberen Gläser so vorbereitet werden, dass man schnell und ohne Umstände abfüllen kann.
Die angewärmten Gläser, in die die Marmelade rein soll, sollte man immer auf ein Handtuch stellen. So wird die Marmelade nicht so schnell runtergekühlt und kann heiß verschlossen werden.
Wie mache ich das mit WECK-Gläsern? Die kann ich ja nicht auf den Kopf stellen, wie Twist-Off-Gläser. Reicht es da auch aus, heiß abzufüllen oder muss bei WECK-Gläsern immer noch zusätzlich eingekocht werden?
Der Deckel der WECK-Gläser ist dick und meistens kalt. Deshalb wird empfohlen, sie nach dem Befüllen noch einmal bei 80 °C für 30 Minuten einzukochen. Ich halte das auch für ratsam.